Nie wieder Krieg!
Wir dokumentieren:
Lothar Letsche, VVN-BdA Tübingen-Mössingen
Rede zum Antikriegstag 2024, 31.08.2024
Holzmarkt Tübingen
Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,
vor 110 Jahren, am 1. August 1914, begann der Erste Weltkrieg. Dazu schreibt die internationale Dachorganisation der Widerstandskämpfer, der die VVN-BdA angehört:
„Bekanntlich war dieser Krieg das Ergebnis zunehmender imperialistischer Konkurrenz. … Die Erzählung, dass … die Welt in einen Krieg ‚hineingeschliddert’ oder gar ‚geschlafwandelt’ sei, entbehrt jeder historischer Tatsache. Das Attentat auf den Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajewo lieferte einen willkommenen Vorwand, mit dem die längst geplante und militärstrategisch vorbereitete Kriegseröffnung ermöglicht wurde.“
15 Millionen Opfer kostete das. Unter der Parole „Nie wieder Krieg“ wurde dann 1919 eine Kampagne ins Leben gerufen, um durch alljährliche Massenkundgebungen am 1. August die Erinnerungen an die Kriegsgräuel wachzuhalten und die Menschen für die Durchsetzung einer dauerhaften Friedenspolitik zu aktivieren. Sehr bekannt ist dazu das Plakat von Käthe
Kollwitz aus dem Jahr 1924.
Morgen früh um 5:45 Uhr ist es nun 85 Jahre her, dass die deutsche Wehrmacht 1939 Polen überfiel. Diese ebenfalls „längst geplante und militärstrategisch vorbereitete Kriegseröffnung“ aus einem von den Nazis inszenierten Vorwand gilt meist als der Beginn des Zweiten Weltkriegs.
In Deutschland wurde der 1. September in der DDR als „Weltfriedenstag“ und hier im Westen seit 1957 – auf Initiative des DGB – als Antikriegstag“ begangen. Nach Einführung der Wehrpflicht und ersten Rekrutierungen von Soldaten hatten sich Jugendorganisationen verbündet, um vereint gegen die Wehrpflicht und militaristische Bestrebungen in der Bundesrepublik zu kämpfen.
Man hätte auch den 6. oder 9. August wählen können. Da jährten sich die amerikanischen Atombombenabwürfe, die die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche legten. „Kampf dem Atomtod“ war eine Losung jener Jahre. Ich erinnere mich an meine absurde Übung in meiner Grundschulzeit: wenn wir den Atomblitz sehen, sollen wir unter die Schulbank kriechen. Es gab sogar ein Liedchen dazu: „Duck and cover“. Wir hatten wirklich Angst vor dem Atomkrieg! Und ich habe lebhafte Erinnerungen an die vom Bombenkrieg noch zerstörten Städte Stuttgart und Ulm.
Das war wirklich ein Weltkrieg gewesen. Für China, das 1945 am Tisch der Siegermächte und in der UNO Platz nahm – und dort gab es immer nur ein China -, hatte er schon 1931 begonnen, als die Japaner aus dem Norden ihres Landes einen Marionettenstaat machten.
Das faschistische Italien hatte auf dem afrikanischen Kontinent schon ab 1922 Libyen zur Kolonie gemacht, 1935 Äthiopien überfallen – mit chemischen Massenvernichtungswaffen und Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung. Ab 1936 schickten die italienischen und deutschen Faschisten militärische Unterstützung – auch Soldaten – zu dem faschistischen Putsch-General Franco nach Spanien. Das von deutschen Bombenflugzeugen zerstörte Gernika im Baskenland wurde zum Vorbild für Coventry in England und später dann auch für deutsche Städte wie Dresden und Pforzheim.
Die deutschen Nazis hatten 1938 Österreich und die Randgebiete der Tschechoslowakei, 1939 auch noch die sogenannte Rest-Tschechei ihrem Reich einverleibt. Die italienischen Faschisten im April 1939 Albanien besetzt.
Die letzten Schlüsselereignisse des fünf Kontinente umspannenden Kriegs waren dann der deutsche Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und der japanische Überraschungsangriff auf die Flottenbasis Pearl Harbor in Hawaii am 7. Dezember 1941.
27 Millionen Tote in der Sowjetunion – fast 15 Prozent ihrer damaligen Gesamtbevölkerung - , 15 Millionen Tote auf dem fernöstlichen Kriegsschauplatz. Reicht das alles nicht für einen Antikriegstag und ein „Nie wieder“?
Bertolt Brecht schrieb 1952: „Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. …
Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“
Weiterhin gilt und muss gelten: Wo Kriege vorbereitet und geführt werden, da finden sich Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner zusammen, die ungeachtet unterschiedlicher Weltanschauungen und politischer Überzeugungen Widerstand dagegen leisten!!
Der Krieg ist geächtet, heißt es in der Hessischen Verfassung.
Von deutschem Boden darf nie mehr Krieg ausgehen, steht im sogenannten 2-4-Vertrag von 1990.
Deutschland muss alles tun, um sich gemeinsam mit anderen Staaten an Initiativen zur Beilegung aller aktuellen kriegerischen Konflikte zu beteiligen.
Wir brauchen keine Kriegstüchtigmachung. „Jeder Euro, der zusätzlich für Aufrüstung ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle. Neue Waffensysteme dürfen nicht mit der Schließung von Krankenhäusern oder dem Verzicht auf Zukunftsinvestitionen bezahlt werden. Die jüngste Häufung weltweiter Extremwetterereignisse führt uns drastisch vor Augen, dass die Bekämpfung des Klimawandels keinen Aufschub duldet. Der dafür erforderliche Umbau unserer Wirtschaft und seine sozial gerechte Gestaltung werden nur gelingen, wenn dafür ausreichend öffentliche Mittel bereitstehen.“ Das schrieb der DGB vor einem Jahr und er forderte die Bundesregierung auch auf, sich für „eine Eindämmung von Rüstungsexporten stark zu machen.“ Das bleibt unverändert aktuell.
Lothar Letsche, VVN-BdA Tübingen-Mössingen
Rede zum Antikriegstag 2024, 31.08.2024
Holzmarkt Tübingen
Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,
vor 110 Jahren, am 1. August 1914, begann der Erste Weltkrieg. Dazu schreibt die internationale Dachorganisation der Widerstandskämpfer, der die VVN-BdA angehört:
„Bekanntlich war dieser Krieg das Ergebnis zunehmender imperialistischer Konkurrenz. … Die Erzählung, dass … die Welt in einen Krieg ‚hineingeschliddert’ oder gar ‚geschlafwandelt’ sei, entbehrt jeder historischer Tatsache. Das Attentat auf den Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajewo lieferte einen willkommenen Vorwand, mit dem die längst geplante und militärstrategisch vorbereitete Kriegseröffnung ermöglicht wurde.“
15 Millionen Opfer kostete das. Unter der Parole „Nie wieder Krieg“ wurde dann 1919 eine Kampagne ins Leben gerufen, um durch alljährliche Massenkundgebungen am 1. August die Erinnerungen an die Kriegsgräuel wachzuhalten und die Menschen für die Durchsetzung einer dauerhaften Friedenspolitik zu aktivieren. Sehr bekannt ist dazu das Plakat von Käthe
Kollwitz aus dem Jahr 1924.
Morgen früh um 5:45 Uhr ist es nun 85 Jahre her, dass die deutsche Wehrmacht 1939 Polen überfiel. Diese ebenfalls „längst geplante und militärstrategisch vorbereitete Kriegseröffnung“ aus einem von den Nazis inszenierten Vorwand gilt meist als der Beginn des Zweiten Weltkriegs.
In Deutschland wurde der 1. September in der DDR als „Weltfriedenstag“ und hier im Westen seit 1957 – auf Initiative des DGB – als Antikriegstag“ begangen. Nach Einführung der Wehrpflicht und ersten Rekrutierungen von Soldaten hatten sich Jugendorganisationen verbündet, um vereint gegen die Wehrpflicht und militaristische Bestrebungen in der Bundesrepublik zu kämpfen.
Man hätte auch den 6. oder 9. August wählen können. Da jährten sich die amerikanischen Atombombenabwürfe, die die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche legten. „Kampf dem Atomtod“ war eine Losung jener Jahre. Ich erinnere mich an meine absurde Übung in meiner Grundschulzeit: wenn wir den Atomblitz sehen, sollen wir unter die Schulbank kriechen. Es gab sogar ein Liedchen dazu: „Duck and cover“. Wir hatten wirklich Angst vor dem Atomkrieg! Und ich habe lebhafte Erinnerungen an die vom Bombenkrieg noch zerstörten Städte Stuttgart und Ulm.
Das war wirklich ein Weltkrieg gewesen. Für China, das 1945 am Tisch der Siegermächte und in der UNO Platz nahm – und dort gab es immer nur ein China -, hatte er schon 1931 begonnen, als die Japaner aus dem Norden ihres Landes einen Marionettenstaat machten.
Das faschistische Italien hatte auf dem afrikanischen Kontinent schon ab 1922 Libyen zur Kolonie gemacht, 1935 Äthiopien überfallen – mit chemischen Massenvernichtungswaffen und Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung. Ab 1936 schickten die italienischen und deutschen Faschisten militärische Unterstützung – auch Soldaten – zu dem faschistischen Putsch-General Franco nach Spanien. Das von deutschen Bombenflugzeugen zerstörte Gernika im Baskenland wurde zum Vorbild für Coventry in England und später dann auch für deutsche Städte wie Dresden und Pforzheim.
Die deutschen Nazis hatten 1938 Österreich und die Randgebiete der Tschechoslowakei, 1939 auch noch die sogenannte Rest-Tschechei ihrem Reich einverleibt. Die italienischen Faschisten im April 1939 Albanien besetzt.
Die letzten Schlüsselereignisse des fünf Kontinente umspannenden Kriegs waren dann der deutsche Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und der japanische Überraschungsangriff auf die Flottenbasis Pearl Harbor in Hawaii am 7. Dezember 1941.
27 Millionen Tote in der Sowjetunion – fast 15 Prozent ihrer damaligen Gesamtbevölkerung - , 15 Millionen Tote auf dem fernöstlichen Kriegsschauplatz. Reicht das alles nicht für einen Antikriegstag und ein „Nie wieder“?
Bertolt Brecht schrieb 1952: „Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. …
Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“
Weiterhin gilt und muss gelten: Wo Kriege vorbereitet und geführt werden, da finden sich Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner zusammen, die ungeachtet unterschiedlicher Weltanschauungen und politischer Überzeugungen Widerstand dagegen leisten!!
Der Krieg ist geächtet, heißt es in der Hessischen Verfassung.
Von deutschem Boden darf nie mehr Krieg ausgehen, steht im sogenannten 2-4-Vertrag von 1990.
Deutschland muss alles tun, um sich gemeinsam mit anderen Staaten an Initiativen zur Beilegung aller aktuellen kriegerischen Konflikte zu beteiligen.
Wir brauchen keine Kriegstüchtigmachung. „Jeder Euro, der zusätzlich für Aufrüstung ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle. Neue Waffensysteme dürfen nicht mit der Schließung von Krankenhäusern oder dem Verzicht auf Zukunftsinvestitionen bezahlt werden. Die jüngste Häufung weltweiter Extremwetterereignisse führt uns drastisch vor Augen, dass die Bekämpfung des Klimawandels keinen Aufschub duldet. Der dafür erforderliche Umbau unserer Wirtschaft und seine sozial gerechte Gestaltung werden nur gelingen, wenn dafür ausreichend öffentliche Mittel bereitstehen.“ Das schrieb der DGB vor einem Jahr und er forderte die Bundesregierung auch auf, sich für „eine Eindämmung von Rüstungsexporten stark zu machen.“ Das bleibt unverändert aktuell.
friedensplenum - 16. Sep, 18:00