Rede von Gerlinde Strasdeit (verdi) bei Tornado-Kundgebung 7-2-07

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

allein am letzten Mittwoch – heute vor einer Woche – hat der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages auf Antrag der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD neue Rüstungsausgaben in Höhe von zusätzlich 1,3 Milliarden abgenickt und damit Sachzwänge für enorme Folgekosten geschaffen.

Nur allein für die Entwicklungskosten der neuen Überwachungsdrohne EURO-HAWK sind 460 Millionen Euro veranschlagt – die Produktion der Geräte kostet selbstverständlich extra.
Die Bundeswehr will mit neuen Hightech-Waffen ins Zeitalter elektronischer Kriege durchstarten – sie soll die Aufklärungshoheit in Kriegsgebieten übernehmen und mit neuen Raketen und Kampfhubschraubern die waffentechnische Führung bei Auslandseinsätzen ausüben.

Die militärischen Beschaffungen der Bundeswehr für Kriegseinsätze im Ausland steigen - bis zum Jahr 2010 - um jährlich durchschnittlich 5 Milliarden Euro. Das sind um die 9 % Steigerung pro Jahr.

Überlegen Sie mal einen Augenblick, was in der Republik los wäre, wenn die Gewerkschaften Tariferhöhungen von 9 % fordern würden. Überlegen Sie einen Augenblick, was in der Republik los wäre, wenn wir 9 % Rentenerhöhung oder 9 % mehr bei Gesundheitsausgaben oder zivilen Entwicklungsprojekten einklagen würden.

Und wer meint, mit diesen neuen Rüstungsprojekten würden Arbeitsplätze geschaffen, der täuscht sich. Das Gegenteil ist der Fall. Beispiel: Ein einziger Arbeitsplatz für die geplante Umrüstung des Transport-Hubschraubers MTH kostet den Bundeshaushalt jährlich 300 000 Euro. Im Bildungs- oder Pflegebereich könnten 2 bis 5 mal soviel gleichwertige Arbeitsplätze geschaffen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Die Entsendung von Tornados nach Afghanistan bedeutet eine neue Stufe der Kriegseskalation. Die deutschen Tornados sind Teil der militärischen NATO-Offensivstrategie. Es geht nie allein um Aufklärung –es geht darum, neue Angriffsziele in Afghanistan zu bestimmen. Wir können also nicht weiter so tun, als wären die Bundeswehrsoldaten nur nette Entwicklungshelfer in Uniform.

Generäle sind keine Entwicklungshelfer – das können Ärztinnen, Krankenpfleger, Architekten, Bauleute, Ingenieure und Lehrer besser als Soldaten. Wer den Befehl gibt, militärische Ziele zu suchen, wird auch den Befehl erteilen, zu schießen.

Deshalb müssen die Gewerkschaften laut NEIN sagen zu diesem Bundeswehreinsatz. Meine Gewerkschaft ver.di fordert echte Abrüstung. Aber das reicht nicht. Echte Abrüstung heisst: wir schicken keine Tornados in Auslandseinsätze - und - wir bauen auch keine Tornados mehr.

Echte Abrüstung heisst nicht: Schein-Einsparungen im Verteidigungshaushalt zu organisieren – etwa durch Outsourcing von Bundeswehrkantinen und technischen Diensten. Echte Abrüstung heisst: Wir verzichten auf neue Raketensysteme,
U-Boote, Großtransportflugzeuge, Laser- und Streubomben.

Echte Anbrüstung heisst – Umwidmung von militärischen Ausgaben in zivile Ausgaben.

Die Bundesregierung, die heute Vormittag Tornados nach Afghanistan schickt, beschloss vor einigen Tagen das Renteneintrittsalter auf 67 heraufzusetzen. Das heisst für viele Beschäftigte und Erwerbslose Rentenkürzung, Verlängerung der Lebensarbeitszeit oder mehr Altersarmut.

Die gleiche Bunderegierung verordnete letzte Woche neuen Sozialabbau im Gesundheitsbereich – mit den Stimmen der Tübinger Bundestagsabgeordneten Frau Widmann-Mauz und Frau Däubler-Gmelin ging das durch.
Der Vorstand des Tübinger Uniklinikums hat heute Mittag Sparmaßnahmen von 16 Millionen Euro bekanntgegeben. Hinzu kommt: Investitionen des Landes, zum Beispiel ein notwendiger Anbau der Psychiatrie, können derzeit nicht realisiert werden.
In den Krankenhäusern wird die Gesundheitsreform zu massiven Stellenabbaumaßnahmen führen. Für die Patienten bedeutet das Leistungskürzung. Im Sozialversicherungssystem bedeutet das weitere Entsolidarisierung.

Wir haben also nicht nur Krieg nach aussen – wir haben per Armutsverschärfung inzwischen auch Krieg nach innen. Mehr Kriegseinsätze führen auch zu Militarisierung ziviler Bereiche – zum Beispiel wenn Sanitätspersonal und Bundeswehrärzte in zivilen Krankenhäusern tätig sind, - aber dort - den Befehlsstrukturen der Bundeswehr unterstellt bleiben. Da gibt es eine Rahmenvereinbarung zwischen Bundeswehr und Deutscher Krankenhausgesellschaft, dazu bestehen Verträge mit Kliniken - auch mit dem Uniklinikum.

Liebe Kolleginnen und Kollegen
Wir müssen die Stimme erheben gegen diese unverantwortliche Verschwendung von Ressourcen - von Mitteln, die für Armutsbekämpfung, für Ausbildung, für Gesundheit, Nahrung, eine regenerative Energiepolitik und für ein solidarisches zusammenleben fehlen. Wir müssen uns entscheiden:
investieren wir in den Krieg oder investieren wir in das Leben?

Mit Krieg löst man nicht die Probleme in Afghanistan – mit Krieg schaffen wir neue Probleme in der Welt und hier zuhause.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Ostermarsch in Calw. Calw ist der Sitz der Elitetruppe Kommando Spezialkräfte. Ich finde, wir sollten den Ostersamstag dieses Jahr zu einem mächtigen Antikriegstag machen und lautstark den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordern. Denn:

Wir brauchen kein Kommando Spezialkräfte !
Was wir aber brauchen ist ein Kommando Sozialkräfte! –(Danke)
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Friedensplenum/ Antikriegsbündnis Tübingen e.V.

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