"Ich baue nur noch auf die Deserteure." (1)

Dokumentiert: Die Rede von Susa Hagelberg für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Tübingen-Mössingen auf der Kundgebung zum 77. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg in Tübingen am 8. Mai 2022:

Ich spreche heute für die VVN-BdA - Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, die 1947 von Widerstandskämpfer*innen und NS-Verfolgten gegründet wurde. Der Verein hält das Gedenken an die Naziverbrechen und ihre Opfer wach, benennt diejenigen, die niemals für ihre Verbrechen zu Rechenschaft gezogen wurden, klärt auf und kämpft gegen den in unserer Gesellschaft wieder erstarkten gefährlichen Neofaschismus.

Am 8.5. vorletzten Jahres stand ich während des ersten Corona-Lockdowns im Rahmen einer kleinen angemeldeten Kundgebung auf dem „Platz des unbekannten Deserteurs“ im französischen Viertel in Tübingen und erinnerte an das Kriegsende als Tag der Befreiung. Der Platz erhielt diesen Namen im bereits 2010, weil laut Augenzeugenberichten wenige Wochen vor Kriegsende mehrere Männer im Wald hinter dem "Französischen Viertel" als Deserteure hingerichtet wurden. Diese Opfer des Naziregimes sollten gewürdigt und ihr sinnloser Tod nicht vergessen werden.

Erst 2020 wurden vom Heimatgeschichtsforscher Udo Grausam und Tübinger Stadtarchivar Udo Rauch die Namen und Lebenswege der bislang unbekannten Deserteure herausgefunden. Angehörige kamen aus diesem Anlass zur Gedenkfeier 2020. Letztes Jahr konnte am 8.5. 2021 ein Schild mit den Namen der erschossenen Deserteure enthüllt werden:

Alfred Johann Geier (* 13. April 1924 in Pfullendorf - † 7. Februar 1945 in Tübingen), Metzger aus Stockach (Baden). Laut Chronik des damaligen Standortpfarrers Weikmann war er „ein 21jähr. Metzgergeselle, der - obwohl er schon das Verwundetenabzeichen trug - sich eine kleine Verstümmelung an der Hand beigebracht hatte." Um nicht mehr in den Krieg ziehen zu müssen.

Johannes Gustav Tafel (* 2. September 1908 in Ehningen, Kreis Böblingen - † 7. Februar 1945 in Tübingen), ein Maschinenarbeiter aus Ehningen (Kreis Böblingen). Hatte im Elsass in einem Maschinengewehr-Bataillon 39, gekämpft. Er war nicht Mitglied in der NSDAP. Er hinterließ eine Frau und zwei kleine Söhne von 5 und 7 Jahren und wurde mit 37 Jahren ermordet.

Auch heute, am 8.5.2022, möchte ich über Kriegsdienstverweigerung sprechen.

Deserteure gibt es auch im Ukraine Krieg. Der Verein connection e.V. unterstützt international Kriegsdienstverweigerer und Deserteure
(22.04.2022). Nach seiner Recherche gibt es bisher keine verlässlichen Zahlen über Desertion und Kriegsdienstverweigerung aus Russland, Belarus und der Ukraine.

Russland: Viele russische Oppositionelle und Militärdienstpflichtige flüchten in Staaten wie Georgien, Serbien oder die Türkei. Dort benötigen sie zur Einreise kein Visum. Es liegen keine offiziellen Zahlen über die Einreise wehrpflichtiger Männer vor, ihre Zahl dürfte aber in die Tausende gehen.

Belarus: Die in Litauen ansässige belarussische Organisation Nash Dom nennt am 14. April 2022 ca. 2.000 belarussische sogenannte Millitärdienstentzieher, die nach Litauen gekommen seien. Insgesamt gäbe es nach ihrer Einschätzung rund 20.000 Militärdienstentzieher, die Belarus verlassen haben.

Ukraine: Die moldawische Regierung erklärte am 10. April 2022, dass seit Ende Februar über 1.000 ukrainische Männer die Grenze illegal überquert hätten, weitere 2.000 seien legal eingereist. Die große Mehrheit von ihnen beantragte in Moldawien Asyl.

Es gibt also eine Reihe von ukrainischen Militärdienstpflichtigen, die das Land verlassen haben oder verlassen wollen. Wer es in die Europäische Union geschafft hat, erhält hier wie alle anderen Flüchtlinge aus der Ukraine einen befristeten humanitären Aufenthalt.

Connection e.V. unterstützt konkret mit Beratungen, Informationen, Hilfe bei Asylverfahren und sind solidarisch mit allen, die auf welcher Seite auch immer gegen den Krieg aufstehen, zivilen Widerstand leisten und das sofortige Ende des Krieges einfordern.

Deserteure zu würdigen war nie gerne gesehen. Nicht 2010 bei der Benennung des Platzes des unbekannten Deserteurs, und nicht heute, inmitten des Ukrainekrieges. Dennoch sollten wir diese Menschen, die bei der Kriegslogik nicht mitmachen wollen, aus ganzem Herzen unterstützen.

Nun zu einem weiteren Thema das insbesondere die VVN vorantreibt.
Wir setzen uns dafür ein, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Krieg und Faschismus ein Feiertag wird. So dass in Deutschland, wie in anderen europäischen Ländern auch, die positive Kraft des Kriegendes hervorgehoben wird und dieser Tag nicht von der breiten Öffentlichkeit wie bisher unbemerkt bleibt.

Die im letzten Jahr verstorbene Esther Bejarano war Ehrenvorsitzende der VVN-BdA und Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der BRD e.V. Sie überlebte als Mitglied des „Mädchenorchesters“ das deutsche Vernichtungslager Auschwitz und entkam vor 77 Jahren auf dem Todesmarsch der Häftlinge des KZ-Ravensbrück der SS. Am 10. Juli 2021 ist Esther Bejarano gestorben. Gemeinsam mit der VVN hatte sie eine Petition gestartet, um den 8. Mai als Feiertag einzufordern.

Sie schrieb in einem offenen Brief am 26. Januar 2020 „an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen“:
„Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes.“

Vor wenigen Tagen wurde eine Petition zur Feier und Verankerung des 8. Mai in der Öffentlichkeit an den Thüringer Ministerpräsidenten und derzeitigen Bundesratspräsidenten Bodo Ramelow übergeben, der sie gerne angenommen hat und angab, bei seinen Kolleg*innen, den Ministerpräsident*innen der anderen Bundesländer, dafür werben zu wollen.

Die Lehren des 8. Mai umzusetzen, bedeutet für die VVN
• Geflüchtete und Kriegsdienstentzieher in Deutschland aufzunehmen
• die Logik des Militärischen zu durchbrechen und Waffenexporte zu verhindern
• das Treiben gewalttätiger und mordender Neonazis zu unterbinden und ihre Netzwerke in Polizei, Bundeswehr aufzudecken und aufzulösen
• AfD, NPD und ihre Verbündeten aufzuhalten
• einzugreifen, wenn Jüdinnen und Juden, Muslime, Roma und Sinti und andere, die nicht in das Weltbild von Nazis passen, beleidigt und angegriffen werden
• die Diffamierung und Behinderung demokratischer und antifaschistischer Gruppen zu beenden.

Anmerkung:

(1) André Gide, Journal, 11. Mai 1941, zitiert nach Andersch, Alfred, Die Kirschen der Freiheit. Ein Bericht, Diogenes-Taschenbuch - ein sehr lesenswerter Bericht seiner Desertion im Juni 1944. Den Satz von Gide wählte Andersch als Motto seines Berichts.

Abschied von unserem Freund Henning Zierock (1951-2022)

Nachruf

Die Nachricht vom Tod von Henning Zierock hat viele Friedensbewegte tief betroffen. Uns trifft ein unersetzlicher Verlust für die gesamte Friedensbewegung, die Kultur des Friedens und die Friedensstadt Tübingen. Bis unmittelbar vor seinem plötzlichen und unerwarteten Tod arbeiteten wir mit ihm zusammen für Frieden. Wir werden unsere Friedensarbeit nun ohne Henning fortsetzen.

In Dankbarkeit für seinen unermüdlichen Einsatz:

Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen
Friedensmahnwache Tübingen
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Tübingen-Mössingen

Die Trauerfeier für Henning findet am Montag, 23. Mai 2022, um 12:00 Uhr in der Tübinger Stiftskirche statt. Anschließend geleiten wir unseren Freund und Mitstreiter auf seinem letzten Weg. Die Beisetzung beginnt um 14:00 Uhr auf dem Stadtfriedhof.

Dieser brandgefährliche Irrsinn muss sofort beendet werden!

Dokumentiert: Die Rede von Jens Rüggeberg für das Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen auf der Kundgebung zum 77. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg in Tübingen am 8. Mai 2022:

Berlin, Bundeskanzleramt, 28.3.2022, abends, Lesung von Schriftstellern auf Einladung der Kulturstaatsministerin, eben sprach der Bundeskanzler, jetzt tritt eine Sängerin, die aus der Ukraine stammt, Mariana Sadovska, ans Mikrofon. Sie soll ein Gedicht aus der Ukraine vortragen und vorher etwas dazu sagen. Stattdessen spricht sie über den Krieg und wirft der NATO vor, aus Furcht vor atomarer Vergeltung sich zu weigern, über der Ukraine eine Flugverbotszone einzurichten. Zitat: „Natürlich haben wir große Angst, dass dadurch alles eskaliert und es zu einem Atomkrieg kommt und die ganze Welt untergeht.“ Und weiter: „Aber wir können doch nicht so einen Verbrecher wie Putin davonkommen lassen, nur weil er mit der Atombombe droht.“ Ihre Schlussfolgerung: „Wenn die Welt untergeht, weil wir der Ukraine helfen, dann soll es halt so sein!“

Das berichtete die FAZ am 30.3.2022. An dieser Stelle könnte ich meine Rede gleich wieder beenden. Denn wir sind uns einig: Sadovskas Wertung ist nicht unsere, ganz und gar nicht. Der Krieg muss beendet werden. Sofort! Eine weitere Eskalation bis hin zum Atomkrieg muss unbedingt verhindert werden. Keine Waffen an die Ukraine! Verhandlungen sofort! Jeder weitere Tag, an dem der Krieg andauert, kostet vielen Menschen das Leben und richtet gewaltige Zerstörungen an. Niemand hat das Recht, der ukrainischen und der russischen Bevölkerung das weiter zuzumuten, schon gar nicht der britische Premierminister, der dem ukrainischen Präsidenten dringend von Verhandlungen mit Russland abgeraten haben soll. (1) Die Bundesregierung darf sich nicht durch die ukrainische Regierung, verschiedene andere osteuropäische Regierungen, die US-Regierung und die NATO-Führung immer weiter in den Krieg hineinziehen lassen. Nach einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (2) ist die Bundesrepublik inzwischen direkt Kriegspartei geworden, seit nämlich ukrainische Artilleristen auf deutschem Boden an Panzerhaubitzen, die an die Ukraine geliefert werden sollen, ausgebildet werden. Dieser brandgefährliche Irrsinn muss sofort beendet werden!

Der Kabarettist Gerhard Polt hat gestern in einem Zeitungsinterview aus Anlass seines achtzigsten Geburtstages auf die Frage, warum er den Appell von Alice Schwarzer, Alexander Kluge und anderen unterschrieben hat, geantwortet: „Wer jetzt alles Entschlussfreudigkeit an den Tag legt – Frau Strack-Zimmermann wird immer schneidiger. Aber wenn ich Sprüche höre wie „Die Ukraine muss siegen“, kann ich nur sagen: Eine Atommacht besiegt man nicht so leicht. Ich bin als Kind in den Ruinen von München herumgelaufen, da sah es aus wie heute in Aleppo oder Mariupol. Ich habe prinzipiell Angst vor einem Atomkrieg.“ (FAZ, 7.5.2022) Dem kann ich nur zustimmen.

Und wenn heute Russophobie grassiert, Konzerte russischer Komponisten abgesagt werden, nur weil sie Russen sind, das Zeigen der roten sowjetischen Fahne verboten wird (zum Glück allerdings nicht in Tübingen!), weil das angeblich der Verherrlichung des russischen Überfalls auf die Ukraine diene (obwohl Putin sich ständig von der Sowjetunion distanziert), dann kann ich nur eine russische Dichterin zitieren, aus einem Gedicht aus dem ersten Weltkrieg, aus einem Gedicht von Marina Zwetajewa, Petrograd 1915/16:

„Eine Wahrheit! Alle anderen Wahrheiten – Schluss! / Der Mensch soll auf Erden nicht mit dem Menschen sich schlagen! … Und wir? haben auf Erden einander den Schlaf nur geraubt / und werden bald alle schlafen unter der Erde.“ Ihr Übersetzer Ralph Dutli fasst ihre Botschaft zusammen: „Es darf keinen Krieg geben zwischen den Menschen!“ (FAZ, Frankfurter Anthologie, 26.3.2022)

Anmerkungen:

(1) Einen Tag nach dieser Rede hat die Presse die Rolle Großbritanniens im Ukraine-Krieg näher beleuchtet:

https://www.jungewelt.de/artikel/426105.verl%C3%A4ngerung-der-k%C3%A4mpfe-gro%C3%9Fbritannien-im-krieg.html

https://www.jungewelt.de/artikel/426106.westliche-kriegshilfe-immense-aufr%C3%BCstungsbestrebungen.html

(2) Gutachten hier:

https://www.bundestag.de/resource/blob/892384/d9b4c174ae0e0af275b8f42b143b2308/WD-2-019-22-pdf-data.pdf

Fight the game!

Dokumentiert: Die Rede des Vertreters der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. auf der Kundgebung zum 77. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg in Tübingen am 8. Mai 2022:

Don‘t fight the players, fight the game!
Als Antifaschist*innen sollten wir uns eigentlich einig sein, dass der Nationalsozialismus sich nicht alleine oder primär durch die Person Adolf Hitlers erklären lässt. Voran ging eine geopolitische Konstellation, eine Phase verstärkter imperialistischer Auseinandersetzungen, eine Weltwirtschaftskrise, eine Polarisierung der Gesellschaften. Voran ging auch eine Phase rasanten technologisch-wissenschaftlichen Fortschritts, der eine tiefgreifende Änderung der konkreten Lebensumstände der Bevölkerung mit sich brachte und Allmachtphantasien der Naturbeherrschung hervorbrachte. Man denke an die Vorstellung von Herrenmenschen, die Eugenik oder die kontrollierte Spaltung des Atoms, an der 30 Kilometer von hier, in Haigerloch, noch in den letzten Kriegstagen Werner Heisenberg und sein Team im Auftrag des Waffenamt des Heeres arbeiteten. Der Nationalsozialismus hatte Millionen begeisterte und überzeugte Anhänger*innen, der eliminatorische Antisemitismus wurde von breiten gesellschaftlichen Schichten getragen, der Holocaust hatte hunderttausende willige Vollstrecker.

Don‘t fight the players, fight the game!
Wir sollten nun nicht den Fehler machen, die Situation in der Ukraine nur durch die Person Putins verstehen zu wollen. Viele Männer – es waren tatsächlich allesamt Männer – haben mir in den vergangenen Wochen versucht, die Persönlichkeit Putins – quasi per psychologischer Ferndiagnose – darzulegen und den schrecklichen Krieg in der Ukraine alleine oder zumindest primär durch diese Persönlichkeit zu begründen. Ich finde das unterkomplex, gefährlich unterkomplex. Indem Putin zum absolut Bösen, zum alleine Schuldigen erklärt wird, erscheint jedes Mittel recht, ihn zu stoppen. Das entspricht ziemlich genau der herrschenden Meinung im Sinne der Meinung der in Deutschland Herrschenden. Und es scheint zu rechtfertigen, Waffen in die Ukraine zu schicken, damit junge Männer, teilweise zum Dienst an der Waffe gezwungen, das Böse bekämpfen und damit unsere Freiheit verteidigen. Liebe Freundinnen und Freunde, wir dürfen uns nicht solch simplen, unterkomplexen Erklärungsmodellen hingegeben, uns von ihnen nicht dazu verführen lassen, unsere Prinzipien aufzugeben und uns hinter „unsere“ Regierung und ihren Aufrüstungskurs, uns letztlich hinter „unsere“ Rüstungsindustrie und „unser“ Kapital stellen. Es hat ja auch nicht gereicht, vier Jahre lang über Donald Trump zu schimpfen, zu hoffen, dass er entmachtet wird und sich dann zu freuen, dass er knapp abgewählt wurde. Viel wichtiger ist doch die Frage, welches System, welche Ökonomie und welche Dynamiken solch einen Menschen an die Spitze des mächtigsten Staates der Welt und solche Menschen überall auf der Welt an die Spitze, zumindest aber in sehr mächtige Positionen bringen. Liebe Leute, ein Teil des Problems besteht dabei m.M.n. darin, soziale Kämpfe und Proteste zunächst den Rechten zu überlassen und dann als rechtsextrem bzw. rechtextrem unterwandert zu diffamieren oder zu bekämpfen.

Don‘t be a player, fight the game!
Als Antifaschist*innen darf es im Ukraine-Krieg m.M.n. keine Parteinahme für eine der kriegführenden Seiten geben. Ich glaube durchaus, dass auch die russische Führung und Gesellschaft faschistoide Tendenzen aufweisen und ich weiß, dass es Antifaschist*innen in diesem Land sehr, sehr schwer haben. Aber auf der ukrainischen Seite kämpfen erklärte Neo-Nazis, sie unterhalten eigene Verbände und haben geschworen, bis zum letzten Tropfen Blut zu kämpfen. Sie inszenieren sich als Helden und gefährden damit doch das Leben der Zivilbevölkerung. Der Kitt, der diesen Widerspruch vermeintlich aufhebt, ist ein Nationalismus, der die Nation über das eigene Leben stellt. Er hat im Krieg häufig Konjunktur und in vielen Kriegen der letzten Jahre und Jahrzehnte mussten wir erleben, wie er die Menschen oft noch Jahrzehnte nach dem Friedensschluss spaltet und schädigt.

Don‘t be a player, fight the game!
Der Nationalismus schwenkt häufig die Fahne der Freiheit und auch hierzulande wird die ukrainische Nation als Schlachtfeld portraitiert, auf der die Freiheit – unser aller Freiheit – verteidigt werde. In der Ukraine herrscht seit acht Jahren ein Bürgerkrieg, das Land wurde extrem hochgerüstet – offenbar, sonst könnte es sich jetzt nicht so gut verteidigen – Männer werden zum Kriegsdienst eingezogen und als Beschützer der Nation inszeniert. Oppositionelle Parteien wurden verboten und Journalist*innen verfolgt, vermeintliche Kollaborateure mit Russland werden festgenommen und tauchen nie wieder auf. In vielen Punkten ist dies vielleicht immer noch besser, als der Zustand der russischen „Demokratie“ - aber es ist nicht die Freiheit, die ich mir vorstelle.

Fight the game!
Den Krieg, das blutige Spiel, kann man oft besser verstehen, wenn man nicht mitspielt, nicht Partei darin ist. In vielen Ländern der Welt blickt man mit Schrecken auf den russischen Angriffskrieg und die Schützenhilfe der NATO für die Ukraine. Viele Regierungen im globalen Süden verurteilen – wie wir – den russischen Einmarsch und die Sanktionen und Waffenlieferungen der NATO. Sie befürchten, dass sich die bereits entfaltenden Hungerkrisen noch weiter verstärken, wenn sich der Krieg in der Ukraine als anhaltender Abnutzungskrieg fortsetzt – wie es Teile der US-Administration ja relativ offen anstreben. Sie haben auch Angst vor einer nuklearen Eskalation. Sie erinnern sich, wie Saddam Hussein vor laufenden Kameras gehängt, die Leiche Osama bin Ladens über dem indischen Ozean ins Meer geworfen und Gaddafi zu Tode gefoltert wurde. Sie sehen die Verwüstungen, die NATO und USA in Afghanistan, Irak und Libyen hinterlassen haben. Und sie wissen, das Putin, anders als Hussein, die Taliban und Gaddafi, über Atomwaffen verfügt. Sie denken den Krieg – ähnlich übrigens wie einige abtrünnige Militärs auch in Deutschland, der EU und den USA – vom Ende her. Und das könnte schrecklich sein. Sie fordern sofortige Initiativen zu einem Waffenstillstand und sobald wie möglich Friedensverhandlungen. Dieser Forderung sollten wir uns anschließen: Für die Freiheit und das Leben!

Zum Weiterlesen:

https://www.imi-online.de/2022/04/27/sonderseite-ukraine-krieg/

https://www.imi-online.de/2022/04/26/drohnen-im-ukraine-krieg/

Gegen Faschismus, Krieg und Geschichtsrevisionismus!

Dokumentiert: Die Rede der Vertreterin der Kommunistischen Organisation auf der Kundgebung zum 77. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg in Tübingen am 8. Mai 2022:

77 Jahre nach dem Ende des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion werden auf deutschem Boden Ehrendenkmäler der Roten Armee beschmiert, geschändet und angegriffen. Die Berliner Polizei hat für heute und Morgen das öffentliche Zeigen der sowjetischen Flagge in 15 Bereichen der Hauptstadt verboten.

Dabei war es die Sowjetunion, die den Frieden in Europa erkämpfte! Sie zahlte den mit Abstand höchsten Blutzoll im Zweiten Weltkrieg. Bis zu 28 Millionen Sowjetbürger starben im Kampf gegen Nazideutschland. Alleine in der Schlacht um Stalingrad fielen mehr Sowjets, als Amerikaner während des gesamten Kriegs. Diese systematischen Versuche Geschichte umzukehren, existieren bereits seit Jahrzehnten. In den letzten Wochen haben sie jedoch eine neue Qualität erreicht. Geschichte soll neu geschrieben werden mit dem Ziel die führende Rolle der Sowjetunion im Kampf gegen den Faschismus zu leugnen. Alte antikommunistische Feindbilder aus dem Kalten Krieg werden gegen das heutige Russland erneut in Stellung gebracht. Dabei sind das heutige kapitalistische Russland und die damalige sozialistische Sowjetunion nicht gleichzusetzen! Es ist unsere Aufgabe als Antifaschisten die Tatsache zu verteidigen, dass die Rote Armee die Hauptkraft war, die Europa 1945 endlich vom Faschismus befreite.

Die Geschichtsfälscher sehen ihre Stunde gekommen, um uns die Lehren der Vergangenheit vergessen zu machen. Es geht ihnen darum, uns hinter dem Kriegs- und Aufrüstungskurs des deutschen Imperialismus zu versammeln. Wir sind in der BRD aktuell mit einer massiven Normalisierung faschistischer Kräfte, mit umfassendem Geschichtsrevisionismus und mit einer beängstigenden Kriegsmobilisierung konfrontiert.

Wir treten diesem Geschichtsrevisionismus entschieden entgegen und verteidigen die Erinnerung an unsere Befreier! Bekämpfen wir das Verbot sowjetischer Symbole, Zeichen und Fahnen! Schützen wir sowjetische Denkmäler und antifaschistische Gedenkstätten vor Angriffen! Bekämpfen wir die NATO, ihre Kriegspolitik, ihre Kriegslügen und ihre Kriegspropaganda!

Während die Symbole der Sowjetunion verboten werden, werden die Nachfolger der faschistischen Wehrmachtskollaborateure in der Ukraine als Vaterlandsverteidiger gefeiert. Homestories über ukrainische Nazis erscheinen im SPIEGEL und der BILD-Zeitung und die Fahnen des Asow-Regiments gab es zwischenzeitlich sogar bei Kaufland.

77 Jahre nach dem Menschheitsverbrechen der Nazis werden Faschisten in der Ukraine vom Westen verharmlost und aufgebaut. Es waren die NATO-Staaten, die 2014 die Ukraine zu einem Hort des Faschismus machten. Sie installierten eine prowestliche ultranationalistische Putsch-Regierung mithilfe faschistischer Kräfte, die sich offen in die Tradition des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera stellen. NATO und BRD unterstützten von Beginn an diejenigen Kräfte, die sich offen in die Tradition jener stellen, die gemeinsam mit Wehrmacht und SS den Genozid an Polen, Juden, Sinti und Roma, Russen und antifaschistischen Partisanen organisierte. Die Faschisten, ihr Terror und ihre brutale menschenverachtende Ideologie sind heute ein fester Baustein der deutschen und NATO-Kriegspolitik.

Der Kampf gegen das Vergessen und gegen die Diffamierung der Sowjetunion ist nicht nur eine Pflicht im Sinne des Gedenkens an die Opfer des Faschismus. Die Verteidigung der historischen Errungenschaften der Sowjetunion für den Frieden und die Befreiung der Völker bedeutet gleichzeitig, die Zukunft der Menschheit ins Auge zu fassen. Denn nur der Sozialismus wird letztendlich die Wurzeln von Faschismus und Krieg beseitigen.

Und so muss es 77 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus wieder heißen:

Kampf dem Krieg! Kampf dem Faschismus!

Wer nicht kämpft, hat schon verloren!

Die Waffen nieder!

Kundgebung am Sonntag, 8. Mai 2022, 15:30 Uhr
Tübingen, Holzmarkt

Am 8. Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg in Europa. Heute, 77 Jahre später, droht nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ein 3. Weltkrieg – ein Atomkrieg. In dieser dramatischen Situation wenden wir uns strikt gegen eine weitere Militarisierung der Außenpolitik:

• Russland/Ukraine/NATO: Deeskalation tut not, für sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen! Im Krieg kann es keinen Sieger geben, nur Verlierer.
• Gegen Auf- und Hochrüstung! Keinen 100-Milliarden-Kriegskredit! Abrüstung jetzt!
• Keine Waffenexporte in die Konfliktregion! Das Blutvergießen stoppen!
• Gegen Sanktionen, die den Menschen in Russland, hier und auch anderswo (z.B. Gefahr von Hungersnöten in Afrika) schaden!
• Hilfe für russische und ukrainische Kriegsdienstverweigerer – nie wieder Heldentum!

Zur Kundgebung rufen auf:

Gesellschaft Kultur des Friedens
Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen
DGB-Kreisverband Tübingen
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Kreisvereinigung Tübingen-Mössingen
Informationsstelle Militarisierung e.V.

Hier der Flyer zur Veranstaltung:

Flyer-Kundgebung-Tuebingen-8-Mai-2022 (pdf, 81 KB)

was wir brauchen, sind Verhandlungen, die am Ende Russland und der Ukraine Sicherheitsgarantien geben und der Ukraine einen neutralen Status

Dokumentiert: Rede von Lühr Henken auf dem Ostermarsch in Berlin am 16.4.2022:

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist insgesamt eine riesige Tragödie, für die Ukraine, für Russland und auch für den Rest der Welt. Die Zerstörungen, das Leid, welches unter der ukrainischen Bevölkerung angerichtet wird, die Fluchtbewegungen – schon mehr als jeder vierte Einwohner ist auf der Flucht - sind immens. Schätzungen gehen dahin, dass die Ukraine die Hälfte ihrer Wirtschaftsleistung in diesem Jahr einbüßen wird. Der Krieg ist nicht zu Ende. Es droht ein großer Angriff Russlands im Donbass und es drohen Lieferungen schwerer Waffen aus NATO-Ländern an die Ukraine.

Weiter hier:
https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2022/reden/l%C3%BChr-henken-berlin

Gegen Krieg

Dokumentiert: Ein Leserbrief zu den Ostermärschen aus dem "Schwäbischen Tagblatt" vom 16.4.2022:

Tausende sind Ostern bei den Ostermärschen wieder auf den Straßen, um gegen Kriege weltweit und Kriegsrüstung zu demonstrieren. So auch aus Tübingen Friedensbewegte zur Teilnahme in Stuttgart. Es ist nicht einfach, in Kriegszeiten dennoch die Friedensfahne hoch zu halten und nicht an der Dummheit von Politikern zu verzweifeln. Die weiter auf Milliardengeschäfte der Rüstungsmafia setzen statt auf Entspannung und Abrüstung. Dabei gäbe es doch angesichts der Klimakatastrophe und des Hungers auf der Welt ganz genug zu tun, um die Finanzen human einzusetzen. Für Brot für die Welt statt Bomben, die nur die Rüstungshaie satt machen.

Die Osterbotschaft muss doch endlich rüberkommen: Auferstehung für das Leben. So ist es gut, dass auch in Tübingen die frühlingsgrüne Farbe mit der Friedenstaube als Ermahnung vor dem Rathaus hängt. Da muss sie auch hängen bleiben und nicht durch Fahnen eines kriegsgeschundenen Landes ersetzt werden. Denn Frieden ist unteilbar. Für alle! Ob Kind oder Greis, Zivilist oder Soldat: Jeder Kriegstote ist einer zu viel!

Gerhard Bialas, Tübingen
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Friedensplenum/ Antikriegsbündnis Tübingen e.V.

Nächste Treffen

Wir treffen uns normalerweise an jedem ersten Montag eines Monats um 19:30 im Clubraum im 1. Stock des Adolf-Schlatter-Hauses, Österbergstr. 2 in Tübingen.

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