Eine Person als Feindbild für die Kriegspropaganda

Dokumentiert: Rede von Walburg Werner für das Tübinger Friedensplenum/Antikriegsbündnis auf der Tübinger Antikriegskundgebung am 19.2.2022:

Mein Thema ist: Eine Person als Feindbild für die Kriegspropaganda.

Ein politisches Feindbild ist eine Vorwarnung und ein Vorwand für einen geplanten Krieg. Ein Feindbild muss konstruiert werden, um sich als Retter im Kampf um das Gute und Gerechte zu inszenieren.

Man kann sich moralisch mit einem Feindbild auseinandersetzen, besser aber mit der historischen Erfahrung, die auch ich in der Friedensbewegung machte. „Was hältst Du von Putin?“ werde ich gefragt. Da hole ich das Schwäbische Tagblatt vom 14.2.2022 und zitiere: „...Vladimir Putin, bei dem die Entscheidung über Krieg und Frieden liegt. Der russische Präsident ist Oberbefehlshaber der Armee, die einen Ring um die Ukraine gezogen hat und nun jederzeit eine Invasion beginnen könnte… In Russland wissen sie längst, wie weit der Arm des Präsidenten reicht. Zu viele Tote säumen den Weg…“. Das ist ein Feindbild, auf eine Person verengt, Feindbild Putin.

Weiter antworte ich auf diese Frage: „Was hältst Du von Putin?“ Aus meiner Erfahrung aus dem Jahr 1999 mit dem Beispiel Feindbild Slobodan Milosewic, ehemaliger Präsident des ehemaligen Vielvölkerstaates Jugoslawiens. Er wurde angeklagt wegen der „schlimmsten der Menschheit bekannten Verbrechen“, die er begangen habe. Der damalige deutsche Kriegsminister Scharping erfand den „Hufeisenplan“, der sich als Lüge herausstellte. Josef Fischer, der damalige Außenminister, verglich die Lage mit Auschwitz. Die Partei der Grünen stimmte einem „menschenrettenden humanitären Kriegseinsatz“ zu und verlor ihre Unschuld als Friedenspartei. Es begann mit einer Lüge. Jugoslawien als Staat gibt es heute nicht mehr. Die Feindfigur Milosevic ist in seiner Gefängniszelle gestorben.

Auf die Frage: „Was hältst Du von Putin?“ fahre ich fort mit unserer Erfahrung bei dem Terroranschlag auf das World Trade Center im Jahr 2001. Topterrorist Bin Laden sei der Hauptverantwortliche – was nie bewiesen werden konnte. Bin Laden unterhielt das Netzwerk Al Qaida in Afghanistan. Die USA forderten von ihren Bündnispartnern uneingeschränkte bedingungslose Solidarität, nämlich Beteiligung am Einmarsch in Afghanistan, um Bin Laden zu fassen. Im deutschen Parlament drohte Bundeskanzler Schröder mit der Vertrauensfrage. Die SPD kippt und stimmt dem Kriegseinsatz zu. Nach 10 Jahren wird Bin Laden in Pakistan von US-Spezialeinheiten gefunden, erschossen und vom Flugzeug aus ins Meer geworfen. Nach 20 Jahren endet der Kriegseinsatz in Afghanistan und hinterlässt die aktuell bekannte Situation.

Auf die Frage: „Was hältst Du von Putin?“ erinnere ich an das Jahr 2003 und an Saddam Hussein, den Präsidenten des damals säkularen Staates Irak. Vorwurf: Ihm wurde vorgeworfen, er habe Massenvernichtungswaffen. Die aber nicht gefunden werden konnten. Im Namen humanitärer Intervention überfallen die USA und Großbritannien den Irak, Deutschland beteiligt sich indirekt. Die Ölfelder im ölreichen Land brennen im Krieg. „Kein Blut für Öl!“, sagten wir. Noch heute kann sich Irak nicht selbst mit Öl ausreichend versorgen, denn die Förderindustrie ist noch nicht ganz wieder hergestellt. Saddam Hussein ist hingerichtet worden. Heute ist der Irak instabil, die Regierung westorientiert.

Zum Schluss bei der Frage: „Was hältst Du von Putin?“ ist es mein Rat:
Nachdenken, zurückdenken, wachsam bleiben, sich nicht verführen lassen durch Feindbilder als Vorboten des Krieges, und nie vergessen, um was es uns gehen soll:

ABRÜSTUNG STATT AUFRÜSTUNG FÜR NACHHALTIGEN FRIEDEN!

KONFLIKTE UM UND IN DER UKRAINE

Operation Loslösung

Mit aller Gewalt und Unterstützung des Westens den Bruch mit Russland vollzogen. Die Ukraine acht Jahre nach dem Maidan

Von Reinhard Lauterbach

junge Welt, Ausgabe vom 16.2.2022

Lektüretipp:

https://www.jungewelt.de/artikel/420809.konflikte-um-und-in-der-ukraine-operation-losl%C3%B6sung.html

Keine deutsche Waffenlieferungen!

Dokumentiert: Rede von Gisela Kehrer Bleicher (VVN-BdA Tübingen) auf der Tübinger Antikriegskundgebung am 19.2.2022:

Anders als Außenministerin Baerbock sind wir nicht bereit, „als Deutschland einen hohen Preis zu zahlen“ für die Zuspitzung der Konfrontation. So wie ¾ der deutschen Bevölkerung treten wir für eine friedliche Lösung, für Deeskalation und Verhandlungen ein und lehnen Waffenlieferungen an die Ukraine ab.

Mit aggressiver Kriegspropaganda wird der Druck verstärkt, Angst vor Russland geschürt. Jede Kritik an Aufrüstung und militärischem Säbelrasseln soll verhindert und Zustimmung zum NATO-Kriegskurs hergestellt werden. Die letzten verbliebenen Friedenskräfte bei den Grünen und in der SPD sollen zum Schweigen gebracht werden. Hysterische Fake-News werden in die Welt gesetzt: „Der Angriff der russischen Armee wird am Mittwoch erfolgen“. Und historische Tatsachen nach Belieben geleugnet und verdreht. Ein besonders drastisches Beispiel lieferte unsere CDU-Bundestagsabgeordnete Widmann-Mauz, die am 28.1. im „Tagblatt“ schrieb, dass sich „derzeit mehr als 100 000 russische Soldatinnen und Soldaten an der ukrainischen Grenze aufhalten. Solche Truppenverlegungen Russlands in Richtung Europa gab es zuletzt 1941“. Ist es nur Geschichtsvergessenheit, wenn sie die aktuelle Situation ausgerechnet mit 1941 vergleicht? Damals überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion und überzog das Land mit einem barbarischen Angriffskrieg; am Ende mussten fast 30 Millionen Tote beklagt werden.

Heute geht es angeblich um wertebasierte Außenpolitik, der demokratische Westen gegen die russische Diktatur im Osten. Doch wofür riskiert die NATO einen Krieg mit Russland? Welche Werte werden in der Ukraine verteidigt?

Amnesty International kritisierte wiederholt, dass in der Ukraine nach wie vor zahlreiche Menschenrechte ausgesetzt sind: Oppositionelle Journalisten und Politiker werden verfolgt, Kriegsdienstverweigerer müssen ins Ausland fliehen, die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, es gibt kein Recht auf faire Gerichtsverfahren, Gefangene werden eingeschüchtert und gefoltert.

Der Staat ist wirtschaftlich bankrott, völlig von westlichen Geldgebern abhängig und neoliberalen Auflagen unterworfen. Mit der Folge einer wachsenden Verarmung großer Teile der Bevölkerung , während eine kleine Minderheit von Oligarchen sich hemmungslos bereichert und das Land mit einem System der Korruption überzogen hat. Sämtliche Präsidenten wurden von Oligarchen unterstützt und ins Amt gebracht. Die Südwestpresse zitierte am 16.2. Ukrainer, die beklagen, dass es aktuell unter Selenski sogar noch schlimmer wurde, dass 40% der staatlichen Gelder für Investitionsprogramme veruntreut werden. Schon oft wurden nationalistische Konflikte geschürt, um von sozialen Spannungen abzulenken.

Die Militarisierung der ukrainischen Gesellschaft wird in den letzten Wochen gerade massiv vorangetrieben. Nicht nur das Militär wird ausgebaut und aufgerüstet, auch die Zivilbevölkerung wird in unglaublichem Maß mobilisiert. Verstörend sind die Bilder von mit Gewehren bewaffneten Zivilistinnen und Zivilisten, die militärisch ausgebildet werden.

Der ukrainische Journalist, Regimekritiker (und politischer Gefangener) Vasily Muravitsky hat vor wenigen Tagen darüber informiert, welche Kräfte hinter dieser Militarisierung stehen: Während des Maidans und in den Jahren seit 2014 haben sich die prowestlichen Kräfte und alle ukrainischen Regierungen auf faschistische Milizen wie den „Rechten Sektor“ und die Neonazi-Partei Swoboda gestützt. Wir erinnern uns mit Entsetzen an den terroristischen Überfall auf Gewerkschafter und andere Demokraten. Mindestens 40 Menschen – die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt - wurden bei dem Brandanschlag auf das Gewerkschaftshaus in Odessa getötet. Mehr als 80 Milizen wurden in den folgenden Jahren aufgebaut. Westliche Gelder fließen in ihre Ausbildung und Bewaffnung. Der berüchtigte Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera , der mit der deutschen Wehrmacht kollaboriert und die Verfolgung und Ermordung von ukrainischen Juden unterstützt hat, wird heute öffentlich als nationaler Held geehrt.

Berüchtigt ist das Asow-Regiment, dessen Gründer Biletsky sich zum „Kreuzzug der weißen Nationen gegen die semitisch geführten Untermenschen“ bekannte und die SS-Symbole Wolfangel und Schwarze Sonne verwendet.

Heute ist das Asow-Regiment eine Miliz mit einem riesigen Waffenlager. Asow hat eigene Verlage und die Partei Nationalkorps aufgebaut. Diese Partei unterhält intensive Beziehungen zu faschistischen und rechten Organisationen in der ganzen Welt, in Deutschland gibt es Verbindungen zur Partei die Rechte, zum III.Weg und zu den Identitäten.

Neben der Armee wurde eine Nationalgarde aufgebaut, Asow und andere Milizen integriert. Sie bekamen offiziellen Status und staatliche Finanzierung und konnten großen Einfluss auf die ukrainische Gesellschaft gewinnen, wurden zu einer Bürgerkriegsarmee im Innern. Angehörige von Milizen terrorisieren politische Gegner und halten den Krieg gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine in Gang. Die üppige staatliche Förderung der Milizen hat die Ukraine zu einem Zentrum für die militärische Ausbildung rechter Gruppierungen in Europa gemacht. Die amerikanischen Zeitschrift „Time“ berichtete über 17 000 ausländische Nationalisten und Rechtsextreme, die in den vergangenen Jahren militärisch ausgebildet wurden.

Im letzten Jahr wurde ein „Gesetz über die Grundlagen des nationalen Widerstands“ und zur territorialen Verteidigung beschlossen. Ziel ist die Aufstellung einer internen Truppe mit der Ausbildung zum Guerillakrieg. Im ganzen Land sollen Einheiten aufgebaut werden und im Einsatz sein. Zusätzlich zum regulären Militär werden rund 130 000 Freiwillige Zivilisten ausgebildet. In der Südwestpresse wurden Fotos von diesen Freiwilligen veröffentlicht, aber nicht, wer diese ausbildet. Der „Fokus“ schrieb erstmals am 17.2. genaueres: Neonazis des rechtsextremen Asow-Regiment trainieren schießfreudige Omas des Babuschka-Bataillons!

Alle Freiwilligen sollen Waffen bekommen oder können ihre eigenen Jagdgewehre mitbringen, die Legitimierung des Waffengebrauchs kann laut Gesetz sehr weit ausgelegt werden: „zur Selbstverteidigung dürfen sie jeden töten, der eine Gefahr für die Territorialverteidigung darstellen könnte“. Damit wächst die Gefahr, dass die Aufstellung solcher Bataillone den militärischen Konflikt weiter verschärft und zu einer Militarisierung im Innern führt. Der Konflikt kann nur gelöst werden, wenn die auch die Militarisierung der ukrainischen Gesellschaft gestoppt wird.

Deshalb:

Keine weitere Unterstützung von Kräften, die mit aggressivem Nationalismus und Revanchismus die Spannungen an heizen!

Keine Finanzierung von rechten und neonazistischen Milizen in der Ukraine!

Deeskalation und Entmilitarisierung der Zivilgesellschaft!

Stopp der Waffenlieferungen aus dem Westen. Keine deutsche Waffenlieferungen, egal welcher Art und wie sie auch genannt werden!

Statt Säbelrasseln den Dialog fortsetzen!

Dokumentiert: Grußwort von Heike Hänsel, verlesen auf der Tübinger Antikriegskundgebung am 19.2.2022:

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

ich schicke herzliche Grüße von den Protesten gegen die Münchner Sicherheitskonferenz und vertrete Tübingen dort, so gut es geht.😊

Auf der sogenannten „Münchner Sicherheitskonferenz“ (SIKO) geht es nicht um Sicherheit, sondern sie trägt zu mehr weltweiter Unsicherheit bei. Dort versammeln sich alljährlich Staats- und Regierungschefs vorwiegend aus den NATO-Staaten – mit Spitzenmilitärs, Rüstungslobbyisten, Vertretern von Großkonzernen und Geheimdiensten. Neben NATO-Propaganda auf allen Ebenen, werden hinter verschlossenen Türen Rüstungsgeschäfte mit Diktaturen und Kriegsparteien wie Saudi-Arabien, Ägypten, Libyen etc. betrieben.

Dies zeigt beispielhaft ein aktueller Spiegel-Bericht über den Leiter der Konferenz, Wolfgang Ischinger, einem der Hauptverdiener an Rüstungsgeschäften, die eine von ihm gegründete Beratungsfirma im Bayrischen Hof gegen Provision einfädelt. Zudem ist Ischinger Aktionär und Aufsichtsrat der Rüstungsfirma Hensoldt, die u.a. Kameras für Drohnen herstellt, während er gleichzeitig für die Beschaffung von Kampfdrohnen wirbt und auch für diese Firma bei der SIKO in München lukrative Gespräche mit Regierungschefs vermittelt. Während Rüstungskonzerne ihre Geschäfte machen, wird diese Konferenz auch noch mit Steuergeldern finanziert, allein 2020 mit über 3 Millionen Euro. Dieses Stelldichein der Kriegstreiber und Rüstungslobby muss endlich beendet werden!

Besonders brisant ist das Ganze zudem, da die Firma Hensoldt auch Technik für türkische Kampfdrohnen geliefert hat, die im Oktober von der ukrainischen Armee für Angriffe im Donbass eingesetzt wurden, und auch zur aktuellen Krise beigetragen haben.

Auch im aktuellen Ukraine-Konflikt gehen von der SIKO München nur aggressive Töne und Drohungen gegen Russland aus und deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine werden erneut lautstark gefordert. Ausgerechnet die US-Administration, die mehrfach die Weltgemeinschaft im UN-Sicherheitsrat belogen hat zB über Massenvernichtungswaffen im Irak, warnt vor angeblichen false flag Operationen Russlands. Stattdessen muss endlich der zugrunde liegende Konflikt über die NATO-Osterweiterung auf die weltpolitische Tagesordnung. Neue Dokumente aus Großbritannien belegen, dass es 1990 Zusagen gab, die NATO auf keinen Fall nach Osten auszudehnen. Denn Sicherheit kann es auf dem europäischen Kontinent nur gemeinsam nicht auf Kosten des anderen geben!

Die Situation ist mittlerweile brandgefährlich und kann sich im Donbass jeder Zeit verselbständigen zu einem großen Krieg. Es sind Atommächte, die sich hier gegenüber stehen! Statt Säbelrasseln und militärische Zuspitzung muss der begonnene Dialog fortgesetzt werden und alles muss auf den Tisch, das heißt auch Vorschläge für eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa, die zum Ziel hat: politische Konfliktlösung, Rüstungskontrolle und Abrüstung. Die OSZE könnte dafür einen Rahmen bilden, der ausgebaut werden muss, zu dem Gemeinsamen Haus Europa, das nach Ende des Kalten Krieges möglich schien.

Die Verantwortung der Medien im Russland-Ukraine Konflikt

Dokumentiert: Offener Brief der Gesellschaft Kultur des Friedens vom 19.2.2022:

Seit mehreren Wochen erleben wir eine zunehmende verbale und militärische Zuspitzung zwischen Russland, der Ukraine und den NATO-Staaten. Dabei spielen die Medien, vor allem die öffentlich-rechtlichen Anstalten, eine (ge)wichtige Rolle in der Berichterstattung, da sie das öffentliche Bewusstsein und das Handeln der Politik sehr beeinflussen. Umso wichtiger ist es, sich an unabhängige und überprüfbare Quellen bei der Informationsübermittlung zu halten. Gerade in diesen Zeiten ist es besonders wichtig, sehr verantwortungsvoll mit Informationen umzugehen, da sie zu Krieg oder Frieden beitragen können, wie wir es z.B. noch in guter Erinnerung haben 2003 bei den manipulierten Informationen über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak, die zu einem Krieg geführt haben, der über 1 Million Menschen das Leben gekostet hat.

Heute werden wieder nicht überprüfbare Informationen über einen bevorstehenden Angriffskrieg seitens Russland gegen die Ukraine mittels einer false flag operation durch die US-Geheimdienste propagiert und unhinterfragt von deutschen Medien verbreitet. In beispielloser Weise erleben wir eine Berichterstattung, die längst Teil der US-Propaganda geworden ist, für Waffenlieferungen an die Ukraine, für einen Stopp von Nordstream II und eine harte Positionierung der Bundesregierung. Anstatt beide Seiten des Konfliktes ausreichend zur Wort kommen zu lassen, damit sich die ZuschauerInnen eine eigene Meinung bilden können, wird völlig einseitig berichtet. Mittlerweile sind die Medien zur treibenden Kraft bei der Zuspitzung des Konfliktes geworden. Dabei sind die Öffentlich-Rechtlichen Medien laut Staatsvertrag, der Friedenswahrung und Völkerverständigung verpflichtet!

Es gibt keine guten oder schlechten Völker, sondern Lebensinteressen der Menschen auf allen Seiten, an denen sich die Politik und Medien orientieren sollen. Deshalb rufen wir die öffentlich-rechtlichen Medien in dieser zugespitzten Situation auf, verantwortungsvoll, faktengesichert, konfliktlösend und friedensorientiert zu berichten und Brücken statt Schützengräben zu bauen. Sicherheit und Frieden kann es nur gemeinsam geben.

Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist für eine politische Lösung des Konflikts, und 75% (ZDF Umfrage) lehnt Waffenlieferungen ab. In der Berichterstattung, Diskussionsrunden, Talkshows bildet sich diese Meinungsbildung bisher nicht adäquat ab.

Die Schriftstellerin Christa Wolf schreibt in ihrem Buch Kassandra: “Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müßte man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stünde da. Da stünde, unter andern Sätzen: Laßt euch nicht von den Eigenen täuschen.”

Die Waffen nieder!!

Dokumentiert: Beitrag der Gruppe ZAK³ auf der Tübinger Antikriegskundgebung am Samstag, 19.2.2022:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

Mein Name ist Siegfried Gack und ich spreche für ZAK³, (Gruppe gegen Kapitalismus, Krieg und Kohlendioxid).

Die deutsche Wehrmacht führte 1941 nach dem Überfall auf die Sowjetunion einen gnadenlosen rassistischen Vernichtungskrieg. Vor diesem Hintergrund macht mich die Tatsache, dass deutsche Soldaten in Litauen kampfbereit wieder an der Grenze zu Russland stehen, fassungslos. Frau Widmann-Mauz ( CDU Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Tübingen-Hechingen) sieht den jetzigen Truppenaufmarsch als größte russische Agression seit 1941. Unerträglich. Russland-Bashing kennt scheinbar keine Grenzen.

Die aktuelle Kriegsgefahr hat eine lange Vorgeschichte (meine Vorredner*innen haben dies deutlich gemacht). Empfehlenswert: Le Monde diplomatique Februar 2022. Oder die Reportage von ARTE:
Rückkehr des russischen Bären.

Die Außenpolitik Russlands unter Präsident Wladimir Putin ist davon geprägt, die geostrategische Umzingelung durch die NATO aufzubrechen und Einflussgebiete zu sichern. Völkerrechtsverletzungen wurden und werden dabei in Kauf genommen (Stichwort: Russlands Rolle im Kaukasus). Russland steht da bei Völkerrechtsverletzungen dem Westen in nichts nach. Beispiele dazu wurden ja schon genannt (Jugoslawien Krieg , Kosovo, Irak...) Mit der Annexion der Krim und mit der Unterstützung der Separatisten im Gebiet Donbas und Luhansk verstößt Russland gegen das Budapester Memorandum von 1994. Dort wurde
über die Achtung der bestehenden Grenzen der Ukraine entschieden, als Gegenleistung für einen Nuklearwaffenverzicht.

Innenpolitisch ist Putin bzw. sein System antidemokratisch, autoritär, gesellschaftlich konservativ, homophob, fördert Oligarchen und nebenher auch noch rechtsradikale Kräfte im restlichen Europa.

Russland hat jetzt den USA zwei Vertragsentwürfe zur Reform der Sicherheitsarchitektur in Europa vorgelegt, die den Schutz seiner territorialen Integrität garantieren sollen.

Es bleibt festzustellen, dass Russland lediglich Forderungen aktualisiert hat, die es seit dem Ende des Kalten Kriegs immer wieder vorgebracht hat, ohne dass der Westen sie für akzeptabel oder zumindest legitim angesehen hätte.

Das Säbelrasseln Russlands an der Grenze zur Ukraine hat zweierlei bewirkt: Zum einen: Die legitimen Sicherheitsinteressen Russlands liegen auf dem Verhandlungstisch. Zum andern wurde eine militärische Drohkulisse zwischen NATO und Russland entfesselt, die Europa erneut nach 1991 in einen Krieg treiben könnte.

Deshalb:

Die Waffen nieder!!

Juristisch verbindliche Zusagen, dass die Ukraine kein NATO-Mitglied wird!

Rückzug der russischen Streitkräfte,
Abzug der Nato-Truppen,
Abrüstungsverhandlungen beginnen!

"Friedensoffensive - give peace a chance"

Unter diesem Motto fand am 28. Januar 2022 auch in Tübingen eine Kundgebung statt. Organisiert hatte sie angesichts der aktuellen Kriegsgefahr die Gesellschaft Kultur des Friedens. Auch das Tübinger Friedensplenum/Antikriegsbündnis hatte zur Teilnahme aufgerufen. Sein Mitglied Heike Hänsel hielt die nachstehend dokumentierte Rede:

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

es ist wichtig, dass wir heute hier stehen, um differenzierter über den Ukraine-Konflikt zu informieren und der vorherrschenden Kriegspropaganda in den meisten Medien etwas entgegen zu setzen. Diese haben sich gerade die SPD vorgeknöpft, weil es eben immer noch einige GenossInnen gibt, die sich an die Entspannungspolitik von Willy Brandt erinnern und eher auf Deeskalation und Kooperation setzen. „Die SPD hat ein Russland-Problem“ so der Spiegel, und der Tagesspiegel sieht gar russische Netzwerke innerhalb der SPD und Olaf Scholz im Schwitzkasten von Altkanzler Schröder. Auch die öffentlich-rechtlichen Medien wiederholen diese Propaganda, dabei sind sie aus guten historischen Gründen per Staatsvertrag der Völkerverständigung und Friedenswahrung verpflichtet, und daran sollten sie sich auch endlich einmal halten!

Dagegen sieht laut ZDF-Politbarometer die Mehrheit der Bevölkerung keine Gefahr eines russischen Einmarsches, 73% will keine Waffenlieferungen an die Ukraine, und eine Mehrheit geht davon aus, dass russisches Gas verlässlich geliefert wird Da kann ich nur sagen: Ich bin froh, dass wir nach wie vor eine Bevölkerung haben, die nicht dieser Feindbild-Politik folgt!

US-Präsident Biden kündigte nun weitere US-Truppenverlegung nach Osteuropa an. Anscheinend wird es aber mittlerweile sogar dem ukrainischen Präsidenten Selensky zu viel, der laut afp-Meldung von gestern Abend den Westen auffordert, keine Panik zu säen, ein Einmarsch Russlands stünde nicht unmittelbar bevor, mittlerweile würden bereits Investoren ihr Geld aus der Ukraine abziehen.

Die Situation ist ernst, aber sie bietet auch die Chance, den tieferen, seit Jahren schwelenden Konflikt mit Russland endlich wirklich anzugehen, der vor allem durch die NATO-Osterweiterung entstanden ist und auch über eine alternative Sicherheitsarchitektur in Europa zu sprechen.

Die Truppenübungen der russischen Armee, die als Beginn der aktuellen Eskalation dargestellt werden, finden auf russischem Boden statt – 350 Kilometer weit weg von der Grenze zur Ukraine. Im Unterschied dazu stehen die ukrainischen Soldaten wesentlich näher an der Grenze zu Russland, von den NATO-Truppen in den Nachbarländern ganz zu schweigen.

Als Ausgangspunkt der jüngsten Eskalation muss auch ein Angriff der ukrainischen Armee auf Stellungen der Aufständischen im Donbass bereits im Oktober 2021 mit türkischen Kampfdrohnen, die übrigens mit Hilfe deutscher Technologie der Firma Hensoldt entwickelt wurden, gesehen werden, wie die Berliner Zeitung unter Verweis auf Anfragen der Linke-Abgeordneten Sevim Dagdelen an die Bundesregierung in Erinnerung ruft.

Mit dem erstmaligen Einsatz der Killerdrohnen durch Kiew stand also über Nacht die militärische Rückeroberung der selbsternannten Volksrepubliken als Drohung im Raum, ein klarer Verstoß gegen das Minsker Abkommen. Wäre die Bundesregierung eine seriöse Mittlerin, würde sie diese Verstöße der ukrainischen Regierung, es gibt zahlreiche Weitere, auch verurteilen, statt nur immer mit neuen Sanktionen gegen Russland zu reagieren. Russland reagierte seinerseits mit einer militärischen Drohkulisse sowie der Forderung nach umfassenden Sicherheitsgarantien und einer Absage an eine Aufnahme der Ukraine in die NATO.

Als Friedensbewegung fordern wir ein Ende aller militärischen Drohgebärden und die konsequente politische Lösung des Ukraine-Konfliktes!

Die Behauptung der NATO, es hätte nie Zusagen gegeben nach Ende des Kalten Krieges, auf eine NATO-Osterweiterung zu verzichten, ist gelogen! Es gab keine schriftlichen Verträge, ja, aber etliche Zeugnisse mündlicher Zusagen, heute noch einsehbar, zB. von Hans-Dietrich Genscher, James Baker und später auch Helmut Kohl. Es war naiv vom damaligen Präsidenten Michail Gorbatschow dies nicht zu fixieren, war aber vielleicht auch dem damaligen Geist der Entspannung geschuldet.

Die NATO befindet sich seit Jahren in einer Position der Stärke gegenüber Russland mit über 1 Billion Dollar Rüstungsausgaben gegenüber 66 Millionen Dollar russischer Rüstungsausgaben. Mittlerweile sind 30 Länder in der NATO, und NATO-Beitritte der Ukraine, Georgien, Moldawien werden ständig ins Spiel gebracht. Aber auch ohne NATO-Beitritt, diese Länder sind jetzt schon engste NATO-Partner, beteiligen sich zum Beispiel auch an den großen US-Manövern „Defender Europe“ in Osteuropa mit eigenen Soldaten, die Krieg gegen Russland üben. Die Ukraine wird mit US-Waffen zugeschüttet. Soldaten der USA und anderer NATO-Staaten einschließlich Deutschlands stehen in Polen, Rumänien, den baltischen Staaten, dies verstößt gegen die Vereinbarungen der NATO-Russland-Akte, deshalb rotieren die Soldaten trickreich alle 6 Monate. Dies ist kein Zeichen von Vertrauensbildung, sondern schürt Mißtrauen. Parallel dazu haben die USA etliche Rüstungskontrollverträge wie INF, Open Sky einseitig gekündigt, Russland hat dann leider ebenfalls diese aufgekündigt. Es ist auch euphemistisch zu sagen, jedes Land könne sein eigenes Militärbündnis wählen: denn was heißt hier Wahl? Es gibt nur ein einziges Bündnis, das weltweit hochgerüstete Militärbündnis NATO, und es ist überfällig, dass dieses Relikt des Kalten Krieges überwunden wird, um eine neue Sicherheitsarchitektur besser Friedensarchitektur aufzubauen!

Wer wie die US-Regierung Tausende Soldaten in Alarmbereitschaft versetzt, Diplomaten aus der Ukraine abzieht, torpediert jede Bemühung um Deeskalation und redet einen heißen Krieg auf europäischem Boden herbei. Alle Appelle an Russland zu sichtbaren Schritten der Deeskalation im Ukraine-Konflikt bleiben unglaubwürdig, wenn die USA und europäische NATO-Mitglieder gleichzeitig ankündigen, Truppen in die Russland-Anrainer-Staaten zu entsenden. Der Ukraine-Konflikt kann nur am Verhandlungstisch gelöst werden, nicht durch Rüstungslieferungen aus Deutschland – seien es Helme oder Haubitzen! Die Bundesregierung muss Waffenlieferungen ablehnen und auch Kiew zur Einhaltung des Minsker Abkommens drängen und jeden weiteren Einsatz von türkischen Kampfdrohnen durch die Ukraine unmissverständlich verurteilen. Wer die wachsende Kriegsgefahr in Europa stoppen will, darf nicht weiter wie die NATO unter US-Führung Öl ins Feuer gießen!

Und vor allem: Wer es ernst meint mit Sicherheit, Stabilität und Frieden in Europa, darf die Sorgen Russlands mit Blick auf die NATO-Osterweiterung nicht länger ignorieren. Und Deutschland ist schon aus historischer Verantwortung heraus dazu besonders verpflichtet. Stabilität und Sicherheit in Europa gibt es nur mit, nicht gegen Russland. Das heißt: gemeinsame Sicherheit, die aufbaut auf Vertrauen und Interessensausgleich, Rüstungskontrolle und Abrüstung!

Dabei können wir auf wertvolle Erfahrungen zurückgreifen, zum Beispiel des KSZE-Prozesses. In Europa könnte die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit die Rolle bekommen, die nach dem Ende des Kalten Krieges möglich schien: eine Friedensarchitektur in dem „Haus Europa“ aufzubauen als Alternative zu NATO! Die Bundesregierung muss mehr Frieden wagen und diese Idee vorantreiben, sonst ist es eine Frage der Zeit, bis zur nächsten großen Krise!

Gegen die Siko und das Säbelrasseln gegen Russland

Aufruf zur begleitenden Kundgebung in Tübingen
am Samstag, den 19.2.2022, um 14 Uhr auf dem Holzmarkt in Tübingen

Seit einigen Wochen hat das Säbelrasseln zwischen der NATO und Russland eine neue Qualität erreicht. Immer offener wird von einem drohenden Krieg „mitten in Europa“ gesprochen und von einem hohen Preis, den Russland bezahlen müsse, wenn es in die Ukraine einmarschiert. Kiew seinerseits scheint einen Vorstoß in die Ostukraine vorzubereiten und bittet die NATO-Staaten nachdrücklich um Waffenlieferungen und Ausbildungsunterstützung. Diese erhöhen zugleich ihre Truppenkontingente an anderen Abschnitten der Grenzen zu Russland – so hat zum Beispiel Deutschland zusätzliche Truppen ins Baltikum mobilisiert. Bereits länger vorbereitet scheint auch die Stationierung von atomwaffenfähigen Mittelstreckenraketen der NATO in ehemaligen Ländern des Warschauer Paktes zu sein. Auch darüber hinaus müssen wir selbst im Fall einer kurzfristigen Deeskalation mit langfristig massiv steigenden Rüstungsausgaben rechnen.

Nächste Stationen der Entscheidungsfindung über Krieg und Frieden werden das Frühjahrstreffen der NATO-Verteidigungsminister:innen am 16. und 17. Februar im NATO-Hauptquartier in Brüssel sowie die direkt hieran anschließende NATO-Sicherheitskonferenz (Siko) in München sein. Die Siko war bereits in der Vergangenheit ein wichtiges Treffen für Absprachen zwischen den westlichen Verbündeten – auch im unmittelbaren Vorfeld von Kriegen. Auch deshalb war die Siko immer auch Anlass für Aktionen der Friedensbewegung, darunter die jährliche Großdemonstrationen gegen die Siko, die dieses Jahr am 19. Februar 2022 um 13 Uhr in München stattfinden wird.

Wegen der akuten Kriegsgefahr rufen wir dieses Jahr mit besonderem Nachdruck dazu auf, an diesen Protesten teilzunehmen. Wegen der Pandemielage wollen wir jedoch auch dezentral an diesem Tag die Möglichkeit schaffen, für den Frieden auf die Straße zu gehen.

Wir sehen dies als Ergänzung zum Aufruf gegen die Sicherheitskonferenz in München und der Erklärung des Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz zum Ukraine-Konflikt vom 1.02.2022.

Es rufen auf: Friedensplenum/Antikriegsbündnis, Informationsstelle Militarisierung (IMI), Gesellschaft Kultur des Friedens, VVN-BdA Tübingen, ATTAC Tübingen-Reutlingen und Pax Christi Tübingen

Hinweis: Um 15 Uhr findet nur wenige Schritte entfernt – auf dem Marktplatz – die Kundgebung im Gedenken an das rassistische Attentat von Hanau statt.

Nicht mal die Taliban

Gegen Einsatz der Bundeswehr bei der Pandemie-Bekämpfung - Stellungnahme von Jens Rüggeberg auf der Homepage des "Schwäbischen Tagblatt" (Tübingen) am 11.1.2022:

https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Nicht-mal-die-Taliban-530896.html
logo

Friedensplenum/ Antikriegsbündnis Tübingen e.V.

Nächste Treffen

Wir treffen uns normalerweise an jedem ersten Montag eines Monats um 19:30 im Clubraum im 1. Stock des Adolf-Schlatter-Hauses, Österbergstr. 2 in Tübingen.

Die nächsten Termine:
Bitte fragen Sie nach!
Kontakt

Bundesweite Zusammenschlüsse der Friedensbewegung:

Informationsstelle Militarisierung e.V., Tübingen

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6789 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 9. Apr, 12:28

Credits